Pain of Salvation
Pain of Salvation - das ist in der Hauptsache Daniel Gildenlöw. Dieses musikalische Genie gründete bereits im Alter von elf Jahren im schwedischen Ekilstuna seine erste Band mit dem Namen "Reality", aus der später Pain of Salvation hervorging. Von den vier Gründungsmitgliedern ist allerdings nur noch Gildenlöw selbst dabei. Noch heute ist er der Kopf der Band, der fast alle Songs schreibt, Gitarre spielt, den Leadgesang übernimmt und nebenbei auch noch sämtliche CD-Cover gestaltet. Zusätzlich hatte er in den Jahren 2000-2005 einige Gastauftritte bei den Flower Kings und bei Transatlantic. Doch zurück zur Band!
Pain of Salvation sind dem Progressive Metal zuzuordnen, ihre Songs wecken Erinnerungen an Dream Theater, jedoch ist der Soli- und "Frickel"-faktor bei der amerikanischen Konkurrenz deutlich höher. Stattdessen fallen sofort die interessante Rhythmusgestaltung auf, der unglaublich variable Gesang (von Flüstern über stakkatoartige Passagen bis Schreien), sowie die heftigen Gitarrenriffs. Von dunkel, bedrohlich klingenden Passagen bis zu fast schon kitschig wirkenden Balladen - das musikalische Spektrum von Pain of Salvation ist weit. Die Band hat in den vergangenen Jahren wiederholt ihre Experimentierfreudigkeit unter Beweis gestellt und gehört damit zu den innovativsten Progressive Rock Bands derzeit. Das allerdings hat vermutlich schon den ein oder andern weniger geduldigen Hörer abgeschreckt, und auch ich habe einige Anlaufzeit benötigt, bis sich die Songs bei mir im Ohr festgesetzt haben. Diese Musik braucht Zeit, doch es lohnt sich genauer hinzuhören! Das Debutalbum 'Entropia' erschien 1997 bei Inside Out Music und war gleich ein Erfolg. Wie viele Alben von Pain of Salvation war es als Konzeptalbum angelegt und verarbeitete Erfahrungen und Erlebnisse aus Gildenlöws Jugend. 1998 wurde mit 'One Hour By The Concrete Lake' das Nachfolgealbum herausgebracht. Der etwas seltsam anmutende Titel (etwa: 'Eine Stunde am Betonsee') weist auf den real existierenden Karatschai-See hin, der zu den Orten mit der weltweit größten radioaktiven Strahlung gezählt wird (Stichwort: atomares Endlager) und der zum Schutz mit einer Betonabdeckung versehen wurde. Dennoch tritt der Tod bei ungeschütztem Aufenthalt vor Ort bereits nach 15, maximal 60 Minuten ein. Ein Meilenstein der Bandgeschichte wurde 2001 mit 'The Perfect Element Pt. I' veröffentlicht. Bis heute gilt es als eines der besten Werke von Gildenlöw; Songs wie 'Used', 'King Of Loss' oder 'Ashes' werden bis heute regelmäßig auf Konzerten gespielt. Persönlich noch besser gefällt mir das 2002 erschienene 'Remedy Lane', das die Geschichte einer unerfüllten Liebe erzählt und das ganze musikalische Können der Band präsentiert: vom abgefahrenen 'Fandango' über das verträumt schöne 'Second Love' zum Progmetal-Kracher 'Beyond The Pale' brennen Pain of Salvation ein einziges Feuerwerk ab. Eine klare Empfehlung!
Nach diesem für PoS-Verhältnisse wohl fast schon bodenständigen Album wurde 2004 wieder experimentiert. Zunächst wurde die am 12. Mai 2003 eingespielte Acousticplatte '12:5' veröffentlicht, auf der die Band einige ihrer bekanntesten Songs im komplett neuen Gewand präsentiert. Viele Titel mussten völlig umarrangiert werden, wirken aber auch ohne die sonst übliche Instrumentierung unheimlich gut. Das Hörerlebnis kommt der bekannten Reihe "MTV Unplugged" sehr nahe. Einen völlig neuen Weg ging man mit 'Be (Chinassiah)', dem wohl umstrittensten und ambitioniertesten Projekt der Bandgeschichte. Auf 'Be' ergründet Gildenlöw tiefschürfende philosophische Fragen nach der Existenz des Menschen. Als musikalisches Stilmittel werden häufig Sprechpassagen mit unterschiedlichsten musikalischen Genres verknüpft: mittelalterliche Folksklänge treffen auf druckvolle Gitarrenriffs, gregorianisch anmutende Chöre auf reine Pianopassagen. Begleitet wird die Band dabei vom klassisch besetzten "Orchestra of Eternity". Der Metalanteil fällt deutlich geringer als gewohnt aus, was häufig kritisiert wird, aber gerade dieser Abwechslungsreichtum macht ja den Progressive Rock aus. Passend zum Studiowerk gibt es übrigens auch eine Live DVD.
Auf dem 2007 erschienenen 'Scarsick' erfand sich die Band wieder neu. Der (textlich sehr ernste) Disco(!)kracher 'Disco Queen' oder 'America', dessen Melodie schamlos an die West Side Story angelehnt ist, aber eine bitterböse Amerikakritik zum Inhalt hat, fallen besonders aus der Reihe. Dass es sich bei 'Scarsick' um den zweiten Teil von 'The Perfect Element' handelt, ist nur sehr dezent im Booklet vermerkt. Dafür wird darin auch gleich ein dritter Teil angekündigt.
 
band
Genre:
Progressive Rock / Progressive Metal
Zeitrahmen:
1984 - heute (zunächst als Reality, ab 1991 als Pain of Salvation)
Bandmitglieder:
Daniel Gildenlöw (Leadvocals, Gitarre, Songwriting & Cover Artist), Kristoffer Gildenlöw (Bass, 1994-2006), Johan Hallgren (seit 1998), Johan Langell (Schlagzeug, seit 1990), Frederik Hermansson (Keyboard, seit 1996), Joakim Strandberg (Bass, bis 1990), Mikael Petterson (Schlagzeug, bis 1990), Daniel Magdic (Gitarre, bis 1998), Magnus Johansson (Bass, 1990), Gustaf Hielm (Bass, 1990-94)
Albentipps:
Remedy Lane, The Perfect Element Pt. I, 12:5 (Acoustic-Album)
Foto: ©2004 Michael Hanselmann.
Text: © Michael Hanselmann, letzte Änderung: 10.07.07.